Freitag, 18. November 2016

Post aus dem Ewigen Eis

Was bei allen Göttern Gors mache ich hier überhaupt? Nackt in den Fellen liegend erwache ich mit einer leeren Kalanaflasche in der Hand. Wo kommt die denn jetzt bitte her? Und mein Schädel brummt. Was ist gestern passiert? Ich versuche mich zu erinnern, allerdings scheinen die Bilder vor meinen Augen zu verschwimmen, als ich gestern Abend die Taverne "Zur fliegenden Pfanne" betrat. Das grelle Licht blendet mich. Was für ein Anblick Elend ich doch sein muss. Diese unendliche Verzweiflung bald das ersehnte Sardar zu erreichen und nach all den Tagen nichts erreicht zu haben ist groß. Ohne Heim, ohne Orientierung in dieser kalten Welt, ohne Perspektive. Was passiert mit mir, wenn die Reise vorbei ist? Wird mich das Dorf wieder aufnehmen, auch wenn ich wirklich nichts erreichen konnte? Und was ist das für eine unerfüllte Leere in mir?

Wie ein Häufchen Elend betrinke ich mich

Ohne jegliche Orientierung wandle - nein schwanke - ich aus dem Herbergszimmer. Ein schrecklich lautes Brüllen lässt mich zusammenzucken und fast schon hätte ich nicht ganz so freundlich geantwortet, als ein recht zartes Weib auf mich zu läuft und mir wortlos und wahrscheinlich ebenso verwirrt wie ich einen Brief überreicht. Nanu, ein Brief für mich? Von wem? Ich habe niemandem aus dem Dorf erzählt, wo ich gerade bin. Wer anders sollte mir gerade schreiben? Meine Augen blinzeln dumpf, noch immer benebelt starre ich auf das gefaltete Stück Pergament, welches mit einem unbekannten Siegel verschlossen wurde. In feiner, geschnörkelter Schrift mit blauer Tinte ist deutlich mein Name zu erkennen: An den Pilger: Emilio Jamal. Ich hebe den Blick, aber das Weib war bereits verschwunden. Kein Wunder, ich muss einige Ehn dagestanden haben und nur den Brief angestarrt haben, als hätte sie mir gerade 5 goldene Tarskstücke in die Hand gedrückt. Mein Herz rast, obgleich mein Kopf noch dämmrig schläfrig vor sich hin dröhnt. Endlich drehe ich den Brief, suche den Absender, aber ich finde keinen. Dass ich, DER Emilio Jamal, gemeint bin, das steht außer Frage. Mit zittriger Hand öffne ich etwas ungeschickt den Brief und nehme einen feinen Bogen Papier hervor. Der Absender muss eine hohe Kaste besitzen, denke ich noch, denn das Pergament ist fein und hochwertig, die Schrift ebenso klar und schwungvoll geschrieben, vermutlich aus der zierlichen Hand einer Frau.

Emilio...

Als ich von Jorts hörte, befürchtete ich das Schlimmste. Aber auch, dass ich Dich dort finden kann. Der Bote kennt den Absender nicht, aber Du sicher die Unterschrift, komm bitte nach Helvegen, sobald es Dir möglich ist und wenn Du es auch willst.

Deine Tavernenbekanntschaft

Ich lasse den Brief sinken, starre für einen Moment gen Hafen. Nichts passiert, die Zeit scheint still zu stehen. Es geht ihr gut, ist mein erster Gedanken. Mein nächster Impuls ist sofort aufzubrechen. Ich stecke den Brief weg, ganz tief in eine Tasche und packe meinen gepackten Sack. Es hält mich ohnehin nichts mehr hier, außer der Alkohl und die Sklaven - und dies vermag die Lücke in meinem Herzen nicht zu schließen. Sofort breche ich mit der nächsten Fähre auf, gen Norden. Und ob ich es will, denke ich noch, während mir der kalte Wind um die Ohren pfeifft.

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