Donnerstag, 7. Dezember 2017

Kasra und seine Bewohner

Nun liege ich schon eine ganze Weile lang im Heilerhaus. Hin und wieder kümmert sich eine sorgsame Frau um mich, bringt mir essen und wechselt die Verbände. Die eindringliche Frage, ob sie sonst noch etwas für mich tun kann, verneine ich stets, aber jedes Mal kommt mir vor, als säße sie noch einen Moment kurz da, nur um dabei enttäuscht auf mein Gemäch zu starren. Ich versuche das Verhalten zu ignorieren. Überhaupt erscheint mir die Frau ganz seltsam. Sie scheint eine innere Hitze zu haben, denn sie trägt kaum Stoff um ihre kurvigen Hüften. Außerdem trägt sie einen eisernen Halsreif und eine geschwungene Narbe auf der Innenseite ihres linken Oberschenkels. Als ich sie nach ihrem Namen fragte, wurde sie ganz rot um die Ohren und stotterte leise "Mein Herr ruft mich Schlampe.".

Nach ein paar Tagen versuche ich meine ersten Schritte zu tun, weil ich es einfach nicht mehr aushalte in diesem Raum zu b leiben. Die Heilerin rät mir zu Krücken, die würden vor allem die große Wunde an meinem Bein vor zu viel Belastung schützen. Nur schwer schaffe ich es mit den Dingern einigermaßen umzugehen, erkenne aber bald, dass sie goldwert sind, denn jeder Schritt ohne Stütze schmerzt unglaublich.

 
Begierig verlasse ich das dunkle, drückende Heilerzimmer hinaus in die frische Luft. Es ist noch Kühler geworden, der Wind umspielt um meine Nase und trägt allerlei Gerüche mit sich. Ich schließe die Augen und atme tief durch. Ich höre Stimmen und Gelächter, nicht weit von mir entfernt. Mein Blick wendet sich nach rechts, dort erkenne ich einen Baldachin, darunter steht ein runder Tisch mit Kissen als Sitzmöglichkeiten. Das muss also die Taverne sein, von der die sorgsame "Schlampe" gesprochen hatte. Ich humple darauf zu, ein paar Gestalten haben sich um den Tisch versammelt und schon wenden sich die Blicke neugierig, abschätzend und misstrauisch auf mich. Ich erkenne Nasty, kann ihr aber aufgrund der jüngsten Vorfälle nicht mehr direkt in die Augen sehen, ohne dämlich zu grinsen oder rot anzulaufen. Weil eine weitere Frau mit knapper Bekleidung (sie trägt fast gar nichts, als ein paar zierliche Ketten und hauchdünnen, durchsichtigen Stoff) und einem Halsreif mich darum bittet, setze ich mich zu den anderen. Es fällt mir schwer mich mit den Stützen auf die niedrigen Kissen zu setzen, aber ich verzichte auf angebotene Unterstützung, da ich es bis hierhin und bevor ich in die Stadt kam, auch ohne Hilfe auskam.


Auch diese Frau war sehr bemüht und freundlich. Sie versorgt mich gleich mit Wasser, auch wenn ich es seltsam finde, dass sie sich auf den harten Pflasterstein des Bodens kniet, statt auf das weiche, viel bequemere Kissen, das neben mir noch frei ist. Die anderen scheinen das allerdings so hinzunehmen, denn sie bedenken mich mir komischen Blicken und reden über mich.


Ich erfahre, dass einer Aleks heißt und der andere Mikal. Aleks legt eine Münze auf den Tisch. Ich kann dem Gespräch nicht folgen, aber die kleine, kupferne Münze reißt mich in den Bann. In der Wildnis habe ich solche Gegenstände nie gebraucht, aber jetzt, wo ich sie in die Hand nehme, zucken Erinnerungen durch meinen Kopf. Handel, Ware, Belohnung. Eine Münze scheint wertvoll zu sein. "Emilio." Ich blicke auf und lege die Münze langsam zurück auf den Tisch. Nasty scheint von diesem Namen nicht abzulassen. Sie stellte mich den anderen vor und behauptet immer noch steif und fest Emilio wäre mein Name. Na, wenn sie meint...


Neugierig schauen mich die beiden anderen Männer an. Auch die dunkelhaarige Frau, die wieder auf dem Pflasterstein kniet. Sie wurde nicht vorstellt. So ganz nett erscheint mir das nicht. Mikal fragt mich, woher ich die Wunden habe. Da ich mich nicht im geringsten erinnern kann, antworte ich nur: "Ich bin aufgewacht, lag im Sand... er brannte sehr in meinen Wunden. Das Wasser wurde rot... Ich  war voller Blut..." Wie in Trance sitze ich da und die Bilder laufen vor meinen Augen, als läge ich wieder dort, schwer verwundet und mich fragend, ob ich sterben würde. Ein Schmerz zuckt durch meinen Kopf, die Wunden pochen heiß, alles verschwimmt vor meinen Augen.

Das war zu viel für mich. Vielleicht hätte ich mich noch ein paar Tage im Heilerhaus verstecken sollen. Ich trinke mein Wasser leer, richte mich mühsam wieder auf und verschwinde, unter Schmerzen weghumpelnd, ohne mich noch einmal nach Nasty umzusehen.

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