Nachdem ich unter staunendem Lob und heiterem Gelächter das Fellhöschen erfolgreich in Helvegen abgegeben habe, kann ich es kaum erwarten die nächste Aufgabe entgegen zunehmen. Und was soll ich sagen? Einen Tag später bin ich auf dem Weg Richtung Hunjer, noch tiefer in den verdammten Norden, um das liebste Methorn des Jarls zu ergattern - wie auch immer ich das anstellen möge. Sigurd hatte mir beschrieben, dass das Horn reich an eingeschnitzten Verzierungen und mit Metallapplikationen beschlagen ist.
Mein Weg führt mich per Schiff über die Arktische See. Der eisige Wind prickelt schmerzvoll auf meiner Haut und immer wieder halte ich nach den mächtigen Eisbrocken ausschau, die immer wieder an das massive Holz des Bugs donnern. Das ohrenbetäubende Krachen und Ächzten des Holzes lässt mich erschaudern, aber glücklicherweise kommt das Schiff heil an der Insel Hunjer an. Hier zeigen sich Frost und Schnee hart und erbarmungslos. Ich meine, noch kälter als in Helvegen. Scheiße, hier gefriert mir selbst die Spucke im Mund, wenn ich zu lange das Maul auflasse! Zu meiner Überraschung ist Hunjer nicht wie angenommen ein weiteres Norddorf, sondern scheint eine ganze Stadt zu sein. Eine Stadt im Ewigen Schnee. Ein mächtiges Torgemäuer, ähnlich wie in Belnend oder En'Kara, erstreckt sich vor mir in die Höhe, an den Seiten ragen hohe Wälle und vereiste, schneeweiße Felsgebilde in den Himmel. Ganz schön protzig, denke ich und betrete die Stadt.
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Hunjer, eine Insel aus Eis und Schnee |
Ich finde mich hier nur schwer zurecht, durch den Schnee sieht alles gleich aus und die Wege sind teilweise kaum betretbar. Riesige Eiszapfen hängen von den Häusern, teilweise sind sie so groß wie eine ausgewachsene Frau. Auf dem Weg zur Longhall treffe ich jedoch niemanden. Kein Wunder, wer ist schon gerne in dieser Eisenskälte? Die Longhall selbst stellt sich als riesige Lagerhalle heraus, die alles zu bieten hat, was man über die harte, kalte Zeit braucht, um eine ganze Stadt zu versorgen. Ich bin überwältigt von der Fülle an Nahrung und Fässern. Auch hier spielt sich das Leben in diesem großen, beheizten Holzgebäude ab und sogleich finde ich mich mitten in den geselligen Gesprächen der Stadtbewohner wieder. Und auch hier zeigen sich die Bewohner als überaus gastfreundlich. Meinen leeren Magen fülle ich mit köstlichem Fleischbraten und meinen gefrorenen Körper wärme ich mit einem ganzen Horn heißen Met. Gesättigt und von hübschen Sklavinnen (die man im Norden schlicht Bonds nennt) versorgt, spüre ich die Müdigkeit in meinen schweren Knochen. Glücklicherweise stehen die Pritschen für die Gäste gleich in der Hall bereit und so lasse ich mich von der Bank einfach auf eine der harten Holzbetten fallen - mir egal, ich bin müde wie ein Larl.
Am nächsten Morgen erwache ich mit einem brummenden Schädel. Waren doch ein oder zwei Schluck Met zu viel gestern. Ich nehme mir vor etwas frische Luft zu schnappen und plane einen kleinen Rundgang durch die Stadt zu machen, aber als ich einen Schritt in den knöchelhohen Schnee wage, ändere ich meinen Plan und erledige mein morgendliches Geschäft doch lieber gleich neben dem Eingang der Hall. Den gelben Fleck im Schnee, gleich am nächstgelegenen Busch, bemerkt glücklicherweise niemand. Als ich nach einem kräftigen Frühstück einigermaßen zur Besinnung gekommen bin, beschließe ich mich wieder meiner Aufgabe zu widmen. Die Hall füllt sich hier schnell, es hält wohl kaum jemand lange draußen aus. Kein Wunder, der kleinste Windhauch ist so frostig, dass einem direkt die Nasenspitze abfriert. Also unterhalte ich mich angeregt mit den Bewohnern dieser Stadt und erfahre bald, dass der ansässige Jarl hier Rabe genannt wird. Es soll sich um einen weisen und sehr klugen Seher handeln. Tja, das würde mich wohl kaum von meiner Aufgabe abschrecken, schließlich denke ich seit meiner Ankunft immer wieder an Nasty, auch wenn mir eine rothaarige Sklavin mit feinen Sommersprossen über der blassen Haut besonders gut gefällt. Ich weiß bis heute nicht, wie sie genannt wird.
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Der Jarl und Seher Rabe |
Rabe ist ein dunkelhaariger, eingesessener Goreaner, dem der raue Norden praktisch ins Gesicht geschrieben steht. Ich beneide ihn um das viele, prunkvolle Fell auf seinen Schultern, was mich darauf bringt, dass ich selbst noch ein Fell brauchen kann. In meiner List schicke ich gleich eine Sklavin, die ihm aus Dankbarkeit für die Gastfreundschaft in meinem Namen einen guten Met servieren soll. Aber bitte gefälligst aus seinem liebsten Horn. Ich schmunzle und beobachte, wie die Sklavin das reich verzierte Horn dem Jarl überreicht. Meine Augen blitzen auf, jetzt weiß ich, welches Horn unter den vielen das Richtige ist.
Der Abend verläuft ebenso feucht fröhlich wie der gestrige. Ob es an dem eisigen, rauen Klima liegt oder einfach daran, dass der Met wirklich unbeschreiblich köstlich schmeckt kann ich nicht sagen, aber ich saufe wie ein Larl. Zumindest scheint es hier auf der Insel noch ungemütlicher zu sein als in Helvegen. Kein Wunder, der arktische Wind fegt erbarmungslos über die eisige See. Mittlerweile ist es späte Nacht und ich habe den Jarl der Stadt immer wieder beobachtet, wie er aus seinem Lieblingshorn säuft und scheinbar eine Gefangene zur Sklavin nimmt. Der Norden ist wirklich sehr hart, denke ich, und falle angenehm besoffen in die Pritsche.
Der nächste Morgen verläuft nicht besser wie der erste. Jede Bewegung schmerzt und wie eine Leiche bewege ich mich von der Pritsche zur hölzernen Bank. Da meine Kehle ausgetrocknet ist, will ich mir gerade einen Met bei der Sklavin bestellen. Das süßliche Getränk würde mir gut tun und mich wieder auf die Beine bringen. Da gesellt sich eine freundliche Heilerin an den Tisch, die mir den Alkohol streng abrät und stattdessen einen Tee anbietet, um meine Schmerzen etwas zu lindern. Ich verziehe die Mundwinkel. Tee? Nagut, wenn es mir wirklich hilft, willige ich ein. Sie gibt der Sklavin etwas, das sie in den Tee untermischen soll. Sieht aus wie Blütenblätter. Ich bin skeptisch, aber da es sich um eine Heilerin handelt und mir der Schmerz wirklich bis in die müden Knochen geht, hinterfrage ich es nicht weiter und zwänge den Tee in mich rein. Schon bald spüre ich tatsächlich Besserung.
Einige Ehn später sitze ich wieder munter, als wäre nie was gewesen in der Hall, bis mir die Aufgabe wieder in den Sinn kommt. Ich werde nervös, als ich das Horn in seiner Halterung auf dem Tisch stehen sehe. Es schimmert im flackernden Lichtschein des Kaminfeuers und das Metall blitzt kurz auf. Eine Sklavin befindet sich noch in der Hall, aber sie scheint mich glücklicherweise gar nicht zu beachten. Was treibt die eigentlich da? So genau bekomme ich das nicht mit, denn mein Blick ist wieder gänzlich an das Dinge gehaftet und ich setze mich direkt davor auf die Bank. Von dem Erfolg meiner Mission hängt meine ganze Gefährtenschaft ab. Ich bin noch nervöser als ich es vor wenigen Tagen vor dem Lager der Wilden war. Meine Hände sind feucht und zittrig, als ich sie ineinanderlege. Die Sklavin scheint sich wirklich auf den Weg nach draußen zu machen. Kurz spricht sie mich an, allerdings erinnere ich mich kaum noch an die gesagten Worte, denn meine Nervosität steigt ins Unermessliche. Schöpft sie einen Verdacht? Spontan beschließe ich das Horn jetzt in diesem günstigen Moment, wo ich mal alleine in der Hall bin, einfach mitzunehmen. Mein Blick geht wieder auf das Horn, frisch geputzt und poliert scheint es mich regelrecht anzulachen.
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Die Versuchung das Horn einfach zu nehmen ist groß |
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Immer wieder beobachte ich das Mädchen nervös bei seiner Arbeit |
Der Jarl hatte es die ganze Nacht in seiner großen Pranke gehalten und just in dem Moment, als die Sklavin die Hall verlassen hat, legen sich meine Finger um das kühle Horn. Mein Herz beginnt rasend in der Brust zu schlagen, als ich das Horn aus der Halterung nehme. Boskmist! Da fällt mir der Wachmann ein, der hinten an der Tür steht. An ihm muss ich vorbei, ohne dass er mich erwischt. Schlau wie ich bin, nehme ich mein Schild vom Rücken und verstecke das Horn dahinter. Es ist groß genug und liegt nahe am Körper, als dass es auffallen würde. Ich murmele fluchend vor mich hin, lasse immer wieder Wortfetzen ertönen, dass ich doch jetzt zum Schmied muss und wie das passieren konnte. Natürlich ist der Wachmann weniger interessiert, aber ich brauche eine gute Erklärung, warum ich plötzlich mit einem Schild in der Hall herumlaufe. Immer noch murrend schmuggle ich also das Horn an dem Wachmann vorbei. Glücklicherweise scheint er im trüben Licht die Schweißperlen auf meiner Stirn nicht zu bemerken. Hinaus stapfe ich in die eisige Luft Hunjers.
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Unauffällig schmuggle ich das Horn an dem Wachmann vorbei |
Draußen treffe ich blöderweise auf eine ganze Ansammlung von Bewohnern. Ich halte den Atem an und stehle mich, immer noch schimpfend über das billige Schild, an der Menschentraube vorbei. Ich muss zum Schmied und zwar schleunigst. Das betone ich auch. Der Weg liegt zu meinem Glück auf demselben zum Hafen. Mich hält auch niemand auf, die Götter scheinen mir wirklich wohlgesonnen zu sein. Weiter stapfe ich durch den hohen Schnee. Ich verlaufe mich mindestens drei Mal, bevor ich den Weg zum Hafen finde
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Draußen treffe ich auf ein paar Bewohner - Mist |
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Fast geschafft! |
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Ein letztes Mal verstecke ich das Horn hinter meinem Rücken |
Seltsamerweise spüre ich Schuldgefühle. Der Jarl und die anderen Stadtbewohner waren echt nett zu mir. Vermutlich wird das Verschwinden des Horns auch mit meinem Verschwinden in Zusammenhang gebracht. Natürlich habe ich niemandem erzählt, dass ich derzeit in Helvegen lebe, aber wer weiß... Gor ist klein. Auf geht's zurück nach Helvegen, wo ich erstmal auf meinen Erfolg trinken werde!
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