Dienstag, 28. November 2017

Es wird wieder hell...

Nur mit Mühe schaffe ich es meine schweren Augenlieder zu öffnen. Alles fühlt sich so taub an. Das grelle Licht blendet mich. Noch bevor ich das verschwommene Bild vor mir erkenne, hebe ich meinen Oberkörper an. Was ist passiert? Hab ich wieder zu viel gesoffen? Übelkeit übermannt mich, gefolgt von einem stechendem Schmerz im Kopf. So sacke ich wieder zusammen, auf einen harten, kalten Steinboden. Autsch! Ich blinzle angestrengt, bis sich meine Augen an das Licht gewöhnen. Die Sonne steht hoch am Horizont.

Das erste, was mir in den Sinn kommt ist das Methorn des Jarls aus Hunjer. Meine Hand tastet über meinen Körper. Wo ist es? Ich hatte es auf meiner Rückreise nach Helvegen stets nah bei mir an meinem Gürtel, aber dort, wo ich die prunkvoll verzierte Oberfläche eines Trinkhornes hätte spüren sollen, ist nichts. Und wenn ich sage nichts, dann meine ich absolut gar nichts. Ich ignoriere den pochenden Schmerz in meinen Schläfen als ich erneut den Kopf hebe, diesmal aber an mir hinabschaue. Immer noch wirkt alles leicht verschwommen, unwirklich. Deshalb habe ich bis jetzt nicht wirklich realisiert, dass ich keine Hosen mehr trage. Ich starre hinab auf meine nackten Beine, meinen Schwanz, den nackten Bauch. Meine Hand fährt über den kahl geschorenen Kopf, ich spüre etwas Warmes und etwas Blut klebt an meinen Fingern. Scheiße! Also war es nicht der Met, der mich wieder dahinrafft wie eine Sklavin nach einer ordentlichen Tracht Prügel. Panisch versuche ich mich aufzustemmen. Meine Beine sind taub und knicken weg. Verdammt, wie lange lag ich hier? Ich versuche mir einen Überblick zu verschaffen. Ich bin nicht mehr im Norden. Es ist kalt ja, aber es liegt kein Schnee. Zu beiden Seiten erstreckt sich eine glatte Felswand empor. Ich liege in einer Art Schlucht. Es ist Tag, die Strahlen der Sonne durchfluten den engen Gang. Endlich schaffe ich es mich auf den Beinen zu halten. Waren da Geräusche? Ein konstantes Pfeiffen in meinen Ohren begleitet das heftiger werdende Pochen unter meiner Schädeldecke. Gleich platzt sie. Aber ich muss hier weg. Irgendetwas sagt mir, dass ich, entledigt all meiner Sachen und unbewaffnet, geradewegs in große Gefahr laufe.

Trotz meiner Schmerzen und der Taubheit von Ahn, vielleicht auch Tage vergangenen Ohnmacht beginne ich in eine willkürliche Richtung zu rennen. Die eiligen Schritte meiner nackten Füße auf felsigem Untergrund hallen in der endlos entlanglaufenden Schlucht wieder. Nach etwa zehn Ehn bleibe ich stehen, schwer atmend. Meine Kondition war auch schonmal besser... Ich drehe mich um. Habe ich den richtigen Weg genommen? Die Schlucht scheint kein Ende zu nehmen. Zwar beobachte ich angestrengt die Sonne über mir, aber nach jeder Biegung erstreckt sich vor mir erneut ein endlos langer, immer gleich aussehender Gang. Vielleicht hätte ich die andere Richtung versuchen sollen?

Und dann höre ich ein tiefes, grollendes Geräusch...

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